Gruppenphoto vor dem Eingang zur Ludovika Universität
Tagungsthema : Hält die Militärethik noch Schritt mit dem sich ändernden Charakter der Kriegsführung?
Tagungsort : Ludovika Universität, Budapest, Ungarn
Zeitraum : 18.-20. Mai 2022
In diesem Jahr fand die EuroISME-Jahrestagung zum ersten Mal in Ungarn statt. Veranstaltungsort war die Ludovika Universität für Öffentliche Dienste. Die historische Institution der Ludovika wurde 1808 von Maria Ludovika, Königin von Ungarn und Ehefrau von König Habsburg Franz I. gegründet. Die Institution öffnete jedoch erst 1872 ihre Pforten für die Ausbildung des Personals der ungarisch-habsburgischen Armee, nach der Reform von 1825-1848 und der ungarischen Revolution bzw. dem Unabhängigkeitskrieg von 1848-49, auf der Grundlage der Einigung mit den Habsburgern von 1867. Heutzutage ist die Ludovika die besondere Institution der ungarischen Militärhochschulbildung und auch der anderen Zweige des öffentlichen Dienstes, wie der Polizei. Die Ludovika veranstaltet jedes Jahr regelmäßig Konferenzen und andere Veranstaltungen, wovon die EuroISME-Jahrestagung im Jahr 2022 herausragte.
Das Thema der Jahrestagung lautete: „Hält die Militärethik mit dem sich verändernden Charakter der Kriegsführung Schritt?“. Auf den ersten Blick schien diese Frage eine Überlebensfrage der Gesellschaft der Militärethiker zu sein, aber im Verlauf der Konferenz stießen die Teilnehmer auf einige aktuelle und interessante militärethische Probleme und Fragen. So entpuppte sich die ursprüngliche Frage schließlich als eine Art Provokation.
Die Konferenz fand vom 17. bis 20. Mai statt und hatte mehr als hundert registrierte Teilnehmer aus der ganzen Welt. Die Teilnehmer kamen also nicht nur aus Ungarn und fast allen europäischen Ländern, sondern auch aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Chile und sogar aus Taiwan.
Grußworte und Einführung
Air Commodore (retd.) John Thomas, Präsident von EuroISME, betonte in seiner Eröffnungsansprche, dass das Tagungsthema durch den Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine eine besondere Aktualität bekommen hat, weil dabei moralische und rechtliche Normen ganz offensichtlich missachtet werden.
Die vollständige Eröffnungsansprache können Sie hier lesen.
Gergely Deli, Rektor der Ludovika-Universität sagte, dass die Militärethik einen besonderen Platz im Bildungssystem der Ludovika-Universität habe. Der Rektor betonte: Die Militärethik hat einen großen Wert, weil sie ein moralisches Minimum darstellt, ohne das Kriege blutiger wären, und weil sie den Zusammenhalt innerhalb der nationalen Armeen, zwischen den verschiedenen nationalen Armeen und zwischen Soldaten und Zivilisten stärkt.
Oberst Klára Siposné Kecskeméthy, Prodekanin der Fakultät für Militärwissenschaften und Offiziersausbildung der Ludovika-Universität, sprach über die Geschichte der Ludovika-Universität und betonte, dass die Adjektivform des Ausdrucks „Ludovika“ ein Symbol für die ungarische Gesellschaft in der Vergangenheit war, indem sie die moralische Werte zum Ausdruck brachte wie sie von den ungarischen Armeeoffizieren vertreten wurden. Heutzutage besteht der Zweck der Institution darin, dieses Erbe weiterzutragen.
Tagungsbeiträge (Auswahl)
Auf die Eröffnungsreden folgten Plenar- und Panelpräsentationen, die auf unterschiedliche Fragestellungen abzielten. Eines der Themen war die Untersuchung der Natur des Krieges und der neuen Kriegsformen wie Stellvertreterkrieg und hybrider Krieg. Einige Referenten (Jovan Babic, Tony Pfaff, Mihaly Boda) versuchten eine Antwort auf die Frage zu geben, ob die Theorie des gerechten Krieges auf diese neuen Kriegsformen erweitert werden kann oder neu interpretiert werden muss.
Lesen Sie hier den Text von Prof Jovan Babic' Einführungsreferat : "Military Ethics and War - What changes and what remains the same?"
Ein weiteres Thema der Konferenz waren die neuen Methoden und Waffen des Krieges, wie autonome Waffensysteme oder verbesserte Soldaten (Henrik Syse, David Whetham, Michael Gross). Neben den neuen Kriegsformen und neuen Waffen erregte die Verhältnismäßigkeit des Kriegsschadens allgemein große Aufmerksamkeit (Michael Skerker). In Bezug auf diese Frage vertraten einige Referenten die Ansicht, dass bei der Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit auch Schäden für Menschen (Zivilisten, Nichtkombattanten) und Schäden für die natürliche Umwelt (Dragan Stanar) berücksichtigt werden sollten. Schließlich konzentrierten sich einige Referenten auf den Aufbau und die Ausbildung einer Armee und die damit verbundenen moralischen Fragen. Das traditionelle Kriegerethos und die modernere Frau-Mann-Gleichheits- und Geschlechtertheorie wurden ebenso in Frage gestellt (Andrea Ellner) wie die allgemeine Bedeutung der Aus- und Weiterbildung des Armeepersonals (George R. Lucas, Jr.).
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Mitgliederversammlung und Preisverleihung
Die Konferenz bot auch den Rahmen für die jährliche Mitgliederversammlung von EuroISME, bei der die Mitglieder die Jahresberichte der geschäftsführenden Direktoren und des Schatzmeisters genehmigten und die Vorstandsmitglieder für die nächste Amtszeit (wieder)wählten .
Das offizielle Annual Dinner Bankett war für den Präsidenten der Jury, Reverend Dr. Philipp MacCormack, der geeignete Moment, um die Trophäe an die Gewinner der Euro-ISME-Preise 2020, 2021 und 2022 für die besten Master-Arbeiten zur Militärethik zu überreichen. Die Preise gingen an Julia Böcker vom Zebis (schon 2020 verliehen, aber wegen COVID erst jetzt überreicht), an den Surgeon Captain Richard Heames (KCL) und seine Dissertation "What should in the military look like in relation to pharmacological Enhancements?" (1. Preis/2021) und Major Kevin van Loon (NL) und seinen Beitrag zum Thema "Military ethics education for Royal Netherlands Army (candidate) Officers: a Continuous Curriculum?" (2. Preis / 2021).
Die Preise für 2022 gingen an: Lt.Col. Matthew R.C. Fyjis-Walker (Großbritannien) für seine Abschlussarbeit zum Thema „Verwendung bzw. Auswirkungen von "geschönter Sprache" durch die öffentlichen Behörden bei der Erklärung von Gewalt in Bezug auf die Wählerschaft im Vereinigten Königreich“ (1. Preis) und Fähnrich Adrien Aury (Belgien) dessen Arbeit "Die Anwendung der Theorie des gerechten Krieges auf Friedensoperationen" untersuchte.
Tagungs-Programm
-->> kann hier heruntergeladen werden (PDF-Datei).
Einige Eindrücke von der Tagung
Wir danken der Ludovika-Universität in Budapest für ihre Gastfreundschaft während der EuroISME-Konferenz 2022.