Am Donnerstag, dem 3. November 2022 wurde im Katholischen Militärbischofsamt (KMBA) in Berlin im Rahmen eines gemeinsam ausgerichteten Empfang das Buch „Charakter – Haltung – Habitus“ vorgestellt. So lautet der Titel des Sammelbandes, welcher in der unter Fachgelehrten äußerst geschätzten Reihe „Militär und Sozialwissenschaften publiziert wurde. Herausgeber sind die auch den EuroISME-Mitgliedern wohlbekannten Wissenschaftler Angelika Dörfler-Dierken und Christian Göbel. Sie und all die zahlreichen Mitautoren wurden vom Hausherrn im KMBA, Militärgeneralvikar Monsignore Reinhold Bartmann, herzlich begrüßt: „Sie haben sich freiwillig in ein katholisches Haus begeben und das an einem Tag, an dem der selige Pater Rupert Mayer für sein Haltung im Nationalsozialismus geehrt wird“. Damit hatte er den Impuls zum Buchtitel gesetzt.
Für die Soldatinnen und Soldaten kommentierte Generalmajor Georg Klein Inhalte des Buches, und zwar dezidiert aus der Sicht eines militärischen Führers. „Gerade jetzt sind Fragen nach Charakter, Haltung und Habitus aktuell“, bemerkte er mit sorgenvollem Blick auf den laufenden Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Euro-ISME hat wesentlich zur Buchvorstellung beigetragen, auf dessen Initiative die Veranstaltung mit der gemeinsamen Einladung der Autorinnen und Autoren in das Katholische Militärbischofsamt ermöglicht wurde. EuroISME-Vizepräsident Professor Dr. Thomas R. Elßner, seines Zeichens Referatsleiter für Grundsatzfragen im KMBA, moderierte im Anschluß an die Buchvorstellung die lebhafte Diskussion mit den Gästen.
Gewissensgeleiteter Gehorsam
Der Sammelband beinhaltet Beiträge zu unterschiedlichen Ansätzen zur Debatte um neue Formen ethischer Bildung in der Bundeswehr, an der sich unter anderem auch die Militärseelsorge intensiv beteiligt. Darüber hinaus wird die gesellschaftliche Rolle von Soldatinnen und Soldaten beleuchtet und die Persönlichkeitsbildung im militärischen Kontext angesprochen. „… Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (wird) … Gewissensfreiheit eingeräumt; sie werden nicht zu einem blinden, sondern zu einem ethisch prüfenden oder „gewissensgeleiteten Gehorsam“ verpflichtet.“ stellen Dörfler-Dierken und Göbel in der Einführung fest. Da es sich bei den Inhalten unter anderem um ethische Bildung und Gewissen dreht, waren die Räumlichkeiten der Katholischen Militärseelsorge nicht nur äußerlich ein besonders geeigneter Rahmen für diese Buchvorstellung.
Das Stichwort Gewissensbildung griff auch General Klein sofort auf. Er sagte in eindrücklicher Art und Weise, dass er den „Prozess der Veränderung an sich selbst erlebt“ habe. Damit machte er aus dem gedruckten Wort des Sammelbandes eine persönliche und für alle Anwesenden eine authentisch-erlebbare Erfahrung. Im Sammelband bauen sich darum herum weitere Aspekte gut nachvollziehbar auf. Denn Stichworte wie „Innere Führung“ oder „Lebenskundlicher Unterricht“ finden immer wieder eine lebhafte Aufmerksamkeit.
Dr. Dirk Ackermann, Leitender Militärdekan und Referatsleiter im Evangelischen Kirchenamt, hat sich ihrer stets angenommen: Seine These lautet, dass „gerade ethische Bildung derselben Freiheit von militärischer Hierarchie und Beurteilung bedürfe wie der Lebenskundliche Unterricht“. Nicht zuletzt wird bereits im Vorwort der Erklärung der Deutschen Bischöfe aus dem Jahr 2005, in der Soldaten als „Diener des Friedens“ angesprochen sind, darauf verwiesen.
Einsatz als Verhaltensprobe
In einer anschließenden Aussprache unter Mitautoren und Gästen wurden die Stichworte ethische Bildung und Innere Führung aufgegriffen und kontrovers diskutiert. Thomas R. Elßner gelang es professionell, all die Rede- und Diskussionsbeiträge zu moderieren. So war unter anderem die Frage, wer ethischen Unterricht erteilen solle, ein zentrales Thema, welches Anregungen gab für Pro und Contra verschiedener Modelle und nicht zuletzt für gute Argumente. Dank der eindrücklichen Aussagen von General Klein standen sowohl soldatische als auch seelsorgerliche Standpunkte im Zentrum: „Einsatz und Gefecht sind ultimative Verhaltensproben für Soldatinnen und Soldaten“ führte der General vor Augen. „Hier können Kameraden, die Familie und Gott Halt geben“.
Die Themen des Sammelbandes sind gemeinsames Gut und die Basis für andauernde Weiterentwicklung in der Bundeswehr wie auch in der und durch die Militärseelsorge.
Eine Fortsetzung dieser Diskussion ist nicht nur sehr wünschenswert, sondern sogar geboten. EuroISME wird nicht nur in Deutschland den Dialog weiter intensivieren und entsprechende Veranstaltungen fördern und unterstützen.
Zu den Herausgebern:
Angelika Dörfler-Dierken hat eine Professur am Fachbereich Evangelische Theologie an der Universität Hamburg und führt zurzeit ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft /(DFG) zur Geschichte der Militärseelsorge durch. Als Professor für Philosophie und Theologie ist Christian Göbel Inhaber des D’Alzon-Stiftungslehrstuhls an der Assumption University in Worcester, MA, in den Vereinigten Staaten. Beide Herausgebenden haben eine Verbindung zur Bundeswehr und zum Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam, wo die Reihe herausgegeben wird. Angelika Dörfler-Dierken leitete den Projektbereich Innere Führung – Ethik – Militärseelsorge und Christian Göbel ist Oberstleutnant der Reserve und leistet im ZMSBw seinen Reservistendienst.
Bericht erstellt durch Norbert Stäblein, Referatsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im KMBA